III. Kapitel

Der Führer tritt in Erscheinung

Zahlreiche Autoren haben sich bereits mit Hitler und seinem Leben auseinandergesetzt und an sie möchte ich diejenigen meiner Leser verweisen, die sich eingehender mit der Biographie Hitlers zu befassen wünschen. Es ist an dieser Stelle allerdings notwendig, einen kurzen Abriss seiner frühen Geschichte - bis zur Machtergreifung zu geben, um die späteren Ereignisse besser ermessen zu können.

Adolf Hitler wurde am 20. April 1889 als Sohn eines austrischen Zollbeamten in Braunau am Inn, Ober-Österreich, geboren. Da seine Familie an-scheinend nicht sehr sesshaft war, besuchte der junge Hitler innerhalb kurzer Zeit eine Reihe verschiedener Schulen. Während seiner vierjährigen Schulzeit in Linz, geriet er in den Einfluss von Professor Leopold Poetsch, einem begeisterten Anhänger der alldeutschen Bewegung. Außerdem waren einige seiner übrigen Lehrer stark anti-semitisch, genauer gesagt, anti-jüdisch eingestellt. Hitler absorbierte zweifellos ihre Ideen und die der anti-jüdischen Linzer Tageszeitung, die er in jenen Jahren regelmäßig las.

Nachdem er die Schule verlassen hatte, verbrachte Hitler die nächsten Jahre hauptsächlich damit, das zu tun, was ihm gefiel oder gerade in den Sinn kam. Er hielt sich meistens in Linz auf und stattete Wien gelegentliche Besuche ab. 1908 zog er endgültig nach Wien, nahm sich ein Zimmer und unternahm seinen zweiten, ebenfalls erfolglosen Versuch, auf die Wiener Kunstakademie zu gelangen.

Bis 1912 blieb er gemäß "Mein Kampf" in Wien und verbrachte viel Zeit in der Hofbibliothek mit dem Studium einer Reihe von Wissenschaften, wie er später behauptete, mit dem Schwerpunkt auf national-ökonomischen und militärischen Werken. Da er nur selten Titel der Bücher, die er gelesen hatte, erwähnte, ist es schwer zu sagen, mit welchen Werken er sich tatsächlich befasst hatte, aber es lassen sich Schlüsse ziehen.

Die Ähnlichkeit zwischen Hitlers Ideen und denen Gustave Le Bons (1841-1931), dem französischen Psychologen, ist so frappierend, dass man mit Sicherheit behaupten kann, dass Hitler Le Bons' Werk "Psychologie des Foules'', 1908 ins Deutsche übersetzt unter dem Titel "Psychologie der Massen" und noch in demselben Jahr in der Hofbibliothek erhältlich, studiert hat.

Hitler hatte sich - wie wir bereits gesehen haben - in die alldeutsche Literatur vertieft und muss daher auch mit Gobineaus Theorien vertraut gewesen sein. Außerdem behauptete Dietrich Eckart, ein enger Freund und Förderer Hitlers, in einer ungehobelten Broschüre, 1924 veröffentlicht, dass Hitler u.a. auch das Werk des Franzosen Vacher de Lapouge "L'Aryen, son role social", 1899, (1939 in Deutsch, als "Der Arier und seine Bedeutung für die Gemeinschaft"; Frankfurt a.M., erschienen). Lapouge verfügte augenscheinlich über eine weitreichende Einflusssphäre. Abgesehen davon, dass er ein führender Rassenhygieniker war, fand er auch noch die Zeit, sich eingehend mit brutalem Sozialen Darwinismus und radikalem Rassismus zu beschäftigen. Zur Erläuterung, zwei Zitate aus seinem Buch - "Die Idee der Gerechtigkeit...ist eine Illusion"."Es gibt nichts als Gewalt"; und - "Die Rasse, die Nation sind alles".- Man könnte meinen, Hitzler aus diesen Worten sprechen zu hören.

Abgesehen von diesen Bereichen, war Hitler offensichtlich auch mit dem Gebiet der Geo-Politik vertraut, wie es sein Begründer, der Engländer Sir Halford Mackinder und sein deutscher Exponent, Karl Haushofer, formuliert hatten.

Geo-Politik, ein wenig bekanntes Gebiet, basierte auf der Theorie, dass die Außenpolitik eines Landes eher durch seine Lage, Bodenschätze, Rohmaterialien und günstigen Gelegenheiten bestimmt wurde, als durch seine politische Entwicklung und Ausblick.

Karl Haushofer (1869-1946) wurde später zum Lehrer, Berater und Freund von Rudolf Hess und stattete Hitler einen Besuch im Landsberger Gefängnis ab.

Als Hitler Wien verließ, war er, wie er später verlauten ließ, ein absoluter Antisemit, ein geschworener Feind jeder marxistischen Weltanschauung und ein Alldeutscher aus Gefühl. Der Soziale Darwinismus hatte seine Lebenseinstellung stark geprägt und sowohl ihm als auch vielen seiner Zeitgenossen einsuggeriert, das Leben sei eine Arena, in der Individuen und Gruppen in einen endlosen Kampf verwickelt seien, um ihren Vorrang mit Gewalt oder List zu behaupten.

Von der österreichischen Armee für untauglich erklärt, zog er nach München, meldete sich dort bei der Deutschen Reichswehr, wurde als Infanterist rekrutiert und im August 1914 eingezogen.

Am Ende des Krieges kehrte er aus dem Lazarett zu seinem Regiment nach München zurück, wo er verschiedene niedere Arbeiten verrichtete. Im Juni 1919 erhielt er an der Münchner Universität politischen Unterricht in "nationalem Denken", der von der Propagandaabteilung des örtlichen Hauptquartiers der Bayrischen Reichswehr erteilt wurde.

Sein Fanatismus und seine Heftigkeit, die er während dieses Kurses an den Tag legte, fielen den Organisatoren auf und sie rekrutierten ihn als V-Mann (Vertrauensmann). Kurze Zeit später, im Juli 1919, machte man ihn zum Mitglied eines Aufklärungskommandos für das Durchgangslager Lechfeld, dessen Aufgabe es war, psycho-politische Unterweisungen zu arrangieren, um die Soldaten in Anti-Sozialisten zu verwandeln und ihr Nationalbewusstsein zu stärken. Gleichzeitig diente das Lager dem befehlshabenden Personal als Trainingsstätte für politische Agitation und öffentliches Reden.

Da das Hauptquartier die Vorgänge in der örtlichen Politik insgeheim verfolgte, beauftragte es Hitler in Verbindung mit seiner Rolle als V-Mann, an den Zusammenkünften der winzigen Deutschen Arbeiterpartei (DAP) teilzunehmen. Obwohl sie ihn schon nach kurzer Zeit langweilten, ließ er sich dennoch als Mitglied aufnehmen. Allmählich wuchs sein Interesse an dieser Partei und er entwickelte in zunehmenden Maße parteipolitische Aktivitäten aus reinem Privatinteresse. Im Februar 1920 verlas er sein Fünfundzwanzig-Punkte-Programm bei einer öffentlichen Zusammenkunft. Etwa zu diesem Zeitpunkt wurde die Partei in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) umbenannt.

Nach seiner Entlassung aus der Reichswehr im März 1920, widmete er sich völlig den Aktivitäten der Partei und nahm einen erfolgreichen Anlauf auf den Vorsitz der Partei.

1921 fuhr Hitler nach Berlin, um dort vor dem erzkonservativen Nationalverein eine Rede zu halten. Es gelang ihm, die ersten Kontakte zu Industriellen und Geschäftskreisen herzustellen. Diese Kontakte nahmen in den darauffolgenden Jahren beständig zu, die Zahl seiner bereitwilligen Förderer wuchs. Unter ihnen befanden sich Fritz Thyssen und Alfred Krupp (Schwerindustrie) sowie Alfred Hugenberg (Presse).

Einige Indizien weisen darauf hin, dass Hitler im Sommer 1923 der Schweiz einen Besuch abstattete, um finanzielle Unterstützungen in Empfang zu nehmen.

In demselben Jahr inszenierte er seinen misslungenen Putsch in München, der seinen Namen zum ersten Mal auch im Ausland bekannt machte und ihm eine kurze Haft im Landsberger Gefängnis eintrug. Unterstützt von Rudolf Hess, verfasste er dort "Mein Kampf", ein lebhaftes Zeugnis dessen, bis zu welchem Grade Hitler den Sozialen Darwinismus, die eugenischen und rassistischen Theorien absorbiert hatte. In dem schwülstig geschriebenen Buch finden wir die uns wohlvertrauten Argumente dieser drei Richtungen wieder; der gnadenlose Kampf aller Lebensformen; der Sieg des Stärkeren über den Schwachen; die unbarmherzige Missachtung des Rechtes des Anderen; die jüdische Gefahr; die Befürwortung der Techniken zur Züchtung edler Bürger etc.

Nach seiner Entlassung aus dem Landsberger Gefängnis im Dezember 1924, war Hitler vollauf damit beschäftigt, die NSDAP neu zu gründen, seine Ansprüche auf die Führung der Partei erneut geltend zu machen und für die Zukunft zu sicher. Die parteipolitischen Erfolge, die in den darauffolgenden Jahren erzielt wurden, kulminierten 1933, trotz verschiedener Rückschläge, in der Machtergreifung.

 

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